Reihô
Ein leidiges Thema ist die Etikette im Dôjô. Immer wieder werden Fehler gemacht, obwohl eigentlich alle Punkte schon in den ersten Trainingsstunden geklärt werden. Deswegen an dieser Stelle nochmal einige Erinnerungshilfen:
Warum das ganze?
Auf diese Frage gibt es drei gute Antworten:
- Höflichkeit und Tradition
Respekt gegenüber dem Trainingspartner und dem Trainer sind besonders im Kampfsport von allergrößter Bedeutung. In einer Umgebung in der man sich jeden Moment schlagen wird (zwar auf kontrollierte Art und Weise – aber trotzdem handelt es sich um Angriffe die wir gegeneinander ausführen) ist es wichtig eine Haltung an den Tag zu legen, die ausdrückt: “Nimm's nicht persönlich – ich respektiere dich und deine Fähigkeiten.” Und genau das soll durch das Einhalten der Etiketteregeln gewährleistet werden.
Vergesst dabei auch nicht, dass unsere Kampfsportart in den Traditionen der Samurai verwurzelt ist und daher nicht nur eine höfliche, sondern auch eine höfische Handlungsweise gefördert werden soll.
Die richtigen Manieren fördern eine ernsthaftere und elegantere Einstellung zum Sport.
- Selbstdisziplin und Trainingszeit
Ein zweiter wichtiger Punkt ist die geringe Trainingszeit, die uns zur Verfügung steht. Wir haben einfach nicht die Möglichkeit täglich für mehrere Stunden zu trainieren (da es gar nicht so viele verfügbare Hallen gäbe und da wir alle auch noch andere Dinge zu tun haben). Deswegen müssen wir versuchen unsere Trainingszeit optimal zu nutzen. Das wiederum geht nur wenn jeder im Training sich selbst diszipliniert verhält, nicht rumquatscht und die Übungen konzentriert ausführt. Das Einhalten der Etiketteregeln hilft einem dabei: Selbst wenn einem im Training gerade irgendetwas nicht passt verhält man sich weiterhin ruhig und konzentriert, um den reibungslosen Ablauf des Trainings zu unterstützen. Wer meckert sabotiert alle anderen, da wertvolle Zeit verloren geht.
- Repräsentation
Ganz besonderen Wert sollten wir auch dann auf unsere Etikette legen, wenn wir gerade nicht in unserem eigenen Dôjô sind oder mit unseren üblichen Trainern konfrontiert sind. Naginata ist kein weit verbreiteter Sport und so kommt es häufig vor, dass wir uns erfahrene Senseis aus den verschiedensten Ländern einladen, oder wir in andere Dôjôs reisen. Dort hält jeder von uns sozusagen die Flagge unseres Dôjôs im PSV hoch. Um weiterhin so viel Unterstützung aus allen möglichen Ländern zu bekommen wie bisher, sollten wir versuchen möglichst professionell dazustehen.
Das bedeutet, dass wir in Zukunft nicht mehr solche Kommentare hochrangiger Senseis hören möchten wie:
“Hm... der da, der gerade mit seinen Schuhen durchs Dôjô läuft, über die Naginata steigt und dabei noch im Dôjô trinkt, gehört der zu euch?”
Die Umsetzung im Training
Shizen Tai - (“natürlicher Stand”) - die Habacht Stellung
So wird die Position bezeichnet, in der die Naginata aufrecht gehalten wird. Sie wird vor Beginn oder nach Ende einer Übung, einer Verbeugung, einem Wettkampf eingenommen, oder auch in sonstigen Situationen außerhalb einer besimmten Trainingssituation (zum Beispiel wenn irgendetwas erklärt wird oder Ähnliches).
Man muss dabei folgende Dinge beachten:
- das Ishi zuki steht schräg vor dem rechten Fuß auf dem Boden,
- die rechte Hand hält die Waffe gerade und liegt auf dem Hüftknochen,
- alle Finger (rechte und linke Hand) bleiben locker geschlossen,
- die Schultern sind entspannt, der Rücken gerade,
- das Kinn nicht vorstrecken und nicht anziehen,
- man schaut geradeaus oder dem jeweiligen Trainingspartner in die Augen.
Ritsu Rei – Verbeugung im Stehen
Beim Betreten/Verlassen des Dôjôs aus dem Shizentai ist Folgendes beachten:
- Die Waffe bleibt gerade während der Verbeugung,
- ebenso der Rücken,
- das Kinn bleibt ebenfalls auf der Körperlinie – nicht vorstrecken oder anziehen,
- man verbeugt sich um 30° aus der Hüfte,
- der Blick bleibt geradeaus gerichtet, wandert also auch auf den Boden,
- die linke Hand wandert während der Verbeugung in Richtung Körpermitte (ca. auf die zweite Falte des Hakama),
- nicht zu kurz oder zu lange Verbeugen (einen Atemzug lang).
Vor dem Trainer, Trainingspartnern, oder im Wettkampf gilt grundsätzlich das oben Beschriebene mit einigen Unterschieden:
- Man verbeugt sich um 15°,
- der Blick bleibt auf die Augen des Gegenübers gerichtet,
Seiza – Sitzposition nach dem Abknien
Auch beim Sitzen gibt es einige Punkte zu beachten:
- Die großen Zehen liegen übereinander,
- zwischen beiden Knien ist ca. eine Faust breit Platz,
- der Rücken bleibt aufrecht und gerade, das Kinn wie im Shizentai,
- der Blick richtet sich geradeaus,
- beide Hände liegen auf den Oberschenkeln,
- die Finger bleiben geschlossen,
- die Schultern entspannt,
- die Naginata liegt auf der rechten Seite parallel zum Körper,
- die Klinge zeigt vom Körper weg und nach hinten,
- das Ishi zuki befindet sich eine Elle weit vor den Knien,
- damit die Linie gerade bleibt, am Nachbar orientieren der näher am Shômen sitzt.
Zarei – Verbeugung im Sitzen
Auch diese Verbeugung verläuft ähnlich wie oben. Zu beachten ist:
- Rücken und Hals bleiben gerade auf einer Linie,
- das Kinn ebenso,
- die Hände werden zuerst auf den Boden gelegt, wobei Zeigefinger und Daumen sich berühren und so ein Dreieck formen, danach wird die Verbeugung ausgeführt.
Was man nicht im Dôjô machen sollte
Hier vermischen sich Traditionen und Sicherheitsregeln. Man sollte nie:
- im Dôjô herumliegen oder -lümmeln bzw. die Beine übereinander legen,
- die Naginata auf den Schultern umhertragen oder sie als Stütze missbrauchen,
- die Naginata aufheben oder ablegen während man noch steht,
- vor Leuten umherlaufen, die in Reihe stehen oder sitzen (ohne eine Hand zur Entschuldigung auszustrecken, wenn man keine andere Möglichkeit hat),
- über die Naginata steigen, oder sie als Spielzeug verwenden.
Außerdem gehört es sich nicht:
- im Dôjô zu trinken, essen, spielen, fluchen oder Ähnliches (wenn ihr eines davon tun müsstet, dann bitte draußen),
- auch außerhalb des Dôjôs die Naginata herumzutragen, ohne dass man die Spitze (Kissaki) oben und im Blickfeld hat,
- eine ungepflegte Naginata zu benutzen (also immer entstehende Splitter abschmirgeln, Kissaki und Ishi zuki sichern und die Wicklung in gutem Zustand halten),
- beim Anlegen der Rüstung zu trödeln,
- unpünktlich zu sein,
- und vieles mehr...
Was selbstverständlich sein sollte:
- es redet immer nur einer/eine,
- die Aufsicht und Leitung einer Stunde übernimmt der Trainer / die Trainerin,
- daher bleiben auch alle Korrekturen dem Trainer überlassen - es sei denn es wird vorher etwas anderes gesagt,
- beim unplanmäßigen Verlassen des Dôjôs (zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen, Verletzungen, Erschöpfung oder ähnlichem) muss der Trainer vorher informiert werden, da die Verantwortung bei ihm/ihr liegt.
Kommandos:
- “Seiretsu!” - In einer Reihe aufstellen
- “Shizen tai!” - In Habacht-Stellung wechseln
- “Shômen ni rei!” - Verbeugen zum Shômen
- “Sensei ni rei!” - Verbeugen zum Sensei
- “Otagai ni rei!” - Verbeugen vor Trainingspartnern
- “Rei!” - Verbeugen
- “Chyakuza!” - Abknien
- “Mokuso!” - Meditieren
- “Men o tsuke!” - Rüstung vollständig anlegen
- “Men o tore!” oder “Kote men tore!” - Helm und Handschuhe ablegen